Wie entsteht eine Blockade beim Pferd?

Im Bereich der Osteopathie wird umgangssprachlich häufig von „Blockaden“ gesprochen. Fast jeder Pferdebesitzer kennt den Begriff und weiß, dass sie nichts Gutes bedeuten. Aber was genau ist eigentlich eine Blockade – und viel interessanter: wie entsteht sie?

Im osteopathischen Sinne bezeichnet eine Blockade einen Bewegungsverlust bzw. eine Bewegungseinschränkung. Dabei werden nicht nur Gelenke betrachtet. Blockaden können in allen Körpersystemen auftreten.

Das kann zum Beispiel sein:

  • ein verkrampfter Muskel,

  • eine verklebte Faszie oder

  • ein eingeschränkt bewegliches Organ.

Schmerz als Hauptursache

Die häufigste Ursache für eine Blockade ist schlichtweg Schmerz.

Schmerz ist ein natürlicher Schutzreflex. Er soll den Körper vor weiteren Verletzungen bewahren und dafür sorgen, dass der betroffene Bereich ruhig gehalten wird.

Egal, ob der Schmerz durch eine Überbelastung, ein Stolpern, einen Fehltritt oder eine Fehlhaltung entsteht. Der Ablauf ist immer ähnlich:

Zunächst wird der Schmerz durch etwas ausgelöst, zum Beispiel durch eine Fehlbelastung, einen Stoß, eine Entzündung, einen gezerrten Muskel oder eine kleine Wunde. Danach baut der Körper eine Schutzspannung auf: Er zieht die Muskeln um die betroffene Stelle fest und geht in die sogenannte Schonhaltung.

Gleichzeitig wird das gesamte System in einen Zustand erhöhter Wachsamkeit versetzt. Das Pferd ist als Fluchttier darauf programmiert, bei Gefahr oder Schmerz besonders aufmerksam zu sein. Diese innere Alarmbereitschaft erhöht den Muskeltonus im gesamten Körper.

Das alles ist physiologisch absolut sinnvoll – kurzfristig.

Wenn der Schmerz bleibt

Bleibt der Schmerz jedoch über längere Zeit bestehen oder wird immer wieder hervorgerufen, hält die Muskelspannung an. Die an der Schonhaltung beteiligten Muskelgruppen lassen nicht mehr locker und beginnen, sich zu verkrampfen. Ab hier wird es langsam ungünstig.

Auch auf der emotionalen Ebene geschieht in diesem Moment etwas: Pferde entwickeln oft eine Angst vor Bewegung oder zeigen Aggressivität gegenüber dem Schmerz. Sie wirken unmotiviert, scheinen „faul“ oder „störrisch“.  Tatsächlich aber befindet sich ihr Körper in einer enormen Stresssituation.

An diesem Punkt läuft auch das Nervensystem häufig nicht mehr richtig rund. Das führt dazu, dass die verkrampfte Schonhaltung bestehen bleibt, selbst wenn die ursprüngliche Ursache für den Schmerz längst verschwunden ist. Das ist es, was man umgangssprachlich als das Schmerzgedächtnis bezeichnet.

Der Teufelskreis

Jeder, der schon einmal einen verspannten Muskel hatte, weiß, wie sich das anfühlt. Durch die andauernde Verkrampfung entsteht ein Sauerstoffmangel in der Muskulatur.

Als wäre das nicht schon genug, beeinflusst der Stress, der durch den dauerhaften Schmerz entsteht, das Hormonsystem. Der Sympathikus – also der Teil des Nervensystems, der für den „Fight-or-Flight“-Modus zuständig ist – bleibt aktiviert. Die Blutgefäße verengen sich. Wenn sie das über längere Zeit tun, wird der Sauerstofftransport gestört: Nährstoffe gelangen schlechter ins Gewebe, Abfallstoffe werden nicht mehr richtig abtransportiert. Der Körper steckt nun in einem richtigen Teufelskreis.

Der Sauerstoffmangel schädigt die Muskulatur und ihre Funktionsfähigkeit. Eine dauerhaft verkrampfte Schonhaltung kann sogar bis zur Atrophie führen.

a“ = ohne
„trophe“ = Nahrung / Wachstum
Also wörtlich: „ohne Ernährung“ → das Gewebe wird nicht mehr richtig versorgt und baut sich dadurch kontinuierlich ab.

Durch die teils atrophierte, teils verspannte und teils geschädigte Muskulatur können die Gelenke des Pferdes nicht mehr ausreichend stabilisiert werden. Die veränderten Spannungsverhältnisse in der Muskulatur verändern auch den Zug auf Knochen und Gelenke und Blockaden in den Gelenken sind die Folge.

Die Gelenkblockaden schließen den Teufelskreis. Selbst regelmäßige Physiotherapie kann an dieser Stelle die Muskulatur meist nur noch kurzfristig entspannen. Erst durch das Lösen der Blockaden und die gleichzeitige Behandlung der umliegenden Muskulatur kann die Funktionsstörung dauerhaft behoben werden. Wichtig ist dabei, auch die ursprüngliche Ursache zu erkennen und abzustellen. Sonst geht der Spaß innerhalb kürzester Zeit von vorn los. 

Manchmal braucht Heilung Zeit

Je länger ein Pferd mit dauerhaft verspannter Muskulatur und daraus folgenden Blockaden läuft, desto länger dauert der Heilungsprozess. Häufig sind mehrere osteopathische Behandlungen sowie Veränderungen in Haltung und Bewegung notwendig, um das System wieder in Balance zu bringen.

Im Vergleich dazu kann ein korrekt gearbeitetes Pferd, das sich durch eine einmalige Überbeanspruchung oder ein Stolpern auf der Koppel eine Blockade zuzieht, meist schon nach einer einzigen Behandlung seine natürliche Beweglichkeit zurückerlangen.


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Blogeintrag: Titel Zwei